A. Ramp   23. Duisburger Rhein-Ruhr-Marathon
30.04.2006 - 42,195 km - 3:02:33 h
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Am Ende bist du nur noch alleine ...
23. Rhein-Ruhr-Marathon Duisburg - 42,195 km
30.04.2006
Knapp vorbei ist auch daneben!

Im September 2005 ist mir die Idee zu meinem ersten Marathonlauf gekommen. Einmal muss man das Ding ja mal abhaken, auch wenn ich bis heute sage: "Nicht meine Strecke!". Es ging mir nicht um "Durchkommen" - ich meine, dazu bedarf es letztendlich lediglich einiger 30er Trainingsläufe - sondern ich wollte eine Zeit von 2:59:xx. Sub3 erschien mir anspruchsvoll, aber angesichts meiner 1:24er Halbmarathonzeit in 2005 nicht unmöglich. Die nächsten 7 Monate bin ich dann fast 1900 km gelaufen, was mein Körper mir mit diversen orthopädischen Problemen quittierte, die am Ende einen Start tatsächlich in Frage stellten.

Die letzten 2 Erholungswochen vor dem 30. April ließen dann aber meine Ischiasschmerzen in einen erträglichen Bereich wandern und am Morgen des Starts war ich nicht nur fast schmerzfrei im Bein, sondern auch noch ein wohl einziges Kohlenhydrat - soviel Nudeln und Reis hatte ich in den Tagen vorher in meinen Körper gedrückt. Zugeständnis an meine orthopädischen Probleme: Als Rennschuhe mussten fett gedämpfte Puschen herhalten, die zwar Zeit kosten, aber so sollte ich wenigstens durchkommen.

Vor dem Rennen hatte ich wegen bereits absteigender Form und der zu erwartenden Schmerzen am Ischias mein Ziel 2:59:xx ad acta gelegt und wollte den Halbmarathon eigentlich in einer hohen 1:31 angehen. Meine mitgeführte Lauftabelle zielte auf eine 3:03. Wenn dann aber der Startschuss fällt und du merkst auf den ersten Kilometern, dass die letzten 2 Wochen Tapering formmäßig ein kleines Wunder bewirkt haben, vergisst du alle Pläne und läufst nach Gefühl. Und das war wider Erwarten top.

Bei KM 5 steht 20:25 min auf der Uhr, die Beine fliegen, der Atem geht ruhig, das Wetter ist für mich von perfekt prickelnder Kühle - ich glaube, ich habe gerade Spaß ohne Ende. Da kommt schon meine erste Flasche an der Versorgungsstelle auf mich zu ... mmmhhhh ... lecker - Salzwasser mit Maltodextrose. Ich laufe jetzt durch Duisburger Gegenden, die ich selber nicht so gut kenne, also ein wenig Sightseeing machen. Von hier habe ich den Hafen noch nicht gesehen und beim MSV war ich auch noch nie. Die erste Frau hat mich wohl gerade tragischerweise langsam überholt und ich bin froh, dass die Labertaschen im sich langsam entfernenden Begleitwagen uns endlich kein Kotelett mehr an die Backe quatschen.

KM 10: 41:27 min - und die Frisur sitzt. Inzwischen habe ich 2 Laufpartner gefunden und das Tempo ist perfekt. Alleine laufen kommt noch, das ahne ich, also jetzt den Lauf zu dritt genießen. Irgendwo von Meiderich bis Ruhrort erwischt uns dann der Regen, aber es ist nicht viel mehr als eine nette Erfrischung und die Schuhe bleiben zum Glück trocken. Irgendjemand murmelt mal "Scheiße!", aber ich war es nicht. Meine Frau reicht mir eine Flasche und ein Häppchen - funktioniert ja alles wie am Schnürchen. Die Rheinquerung findet dann wieder bei Sonnenschein statt. Ist das ein geiler Lauf - Hallo Vatter Rhein, da bisse ja wieder! KM 15 war nun auch vorbei: 1:02:25.

Bei der HM-Marke erwarten mich dann schon wieder meine Groupies, Versorgung mit Naschwerk, kurzer Gruß und: "Leck mich am Arsch 1:28:06 h!" Und ich fühle mich immer noch gut. Dass die Rache noch kommt, ahne ich, aber so ganz vernünftig war ich noch nie. Also ... egal ... weiter. Ist doch besser, jeder macht seine Erfahrung selbst. Wenige Kilometer später musse ich mich dann von meinen beiden treuen Begleitern verabschieden: Pipipause. Ich weiß nicht, wo die anderen das ganze Zeug hinsaugen, aber ich hatte soviel getrunken, das muss jetzt raus. Diese Aktion kostet mich mal locker 22 Sekunden. Aber noch liege ich gut in der Zeit.

Ab KM25 beginnt sich das Feld auseinanderzuziehen. Die ersten Leute fallen von vorne zurück. Auch bei mir lassen jetzt die Kilometerzeiten um ca. 5 Sekunden nach. Ich denke nur: "Jetzt fängt es langsam an!" und trabe schon nicht mehr ganz so locker flockig über die Rheinbrücke nach Duisburg Hochfeld. Hier erwartet mich ein Tütchen Gel. Ein Problem in Duisburg war übrigens die Versorgung über die Eigenversorgungstische. Erstens waren die nicht nummeriert, was schlecht ist, wenn man sich mühsam gemerkt hat: "Tisch 1, 2, 6, 8, 13, 16." und zweitens stehen die Helfer oft dicht gedrängt vor den Tischen, so dass man ratend, ob das denn jetzt der richtige Tisch sei, hinter die Helfer springen muss und seine Pulle sucht. Kostete mich locker 10 Sekunden an 2 Tischen. Aber in Hochfeld habe ich ja wieder meine persönliche Versorgerin, da konnte nichts schiefgehen. Das Geltütchen fliegt mir in die Hände und ich habe noch ca. 300 Meter bis zum nächsten Wassertisch.

Aber was ist das? Mein Darm hatte sich schon ab und zu vorher bemerkbar gemacht. Während andere hemmungslos ihrer Flatulenz frönten, hatte ich mich bisher zurückgehalten. Aber das ist jetzt mehr als eine leichte Flatulenz. Verdammt noch eins! Ich brauche ein Dixi-Klo - und das schnell. Zum Glück kommt da vorne die Versorgungsstelle. Und das Klo ist frei. Rein, Hose runterreißen. Während draußen zu Sambaklängen die 3h Truppe an meinem kleinen, einsamen, graublauen Verschlag vorbeizieht, fällt mir in Zeitupe das Geltütchen ... aus der Hand. "Neiiiiiiiiinnnnnn!" Und schon liegt es auf dem Boden ... eines Dixi-Klos. Oh Gott! Manchmal müssen wichtige Entscheidungen schnell getroffen werden und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. In Bruchteilen einer Sekunde entscheide ich mich für E-Coli oder sonstwas, hebe die Tüte auf, reiße den Verschluss runter und - "Glibber" trifft es wohl einigermaßen. Nach Beendigung des geschäftlichen Teils der Aktion, Hose hochgerissen, raus auf die Strecke. Ich komme mir etwas blöd vor, zum Glück stehen die Klos an nicht allzu prominenter Stelle. Direkt 2 Becher Wasser geschnappt, einer für das Gel, der andere für die Hände und den Mund - uahhhh. Die Kloaktion hat mich 1:10 min gekostet. Aber was hilft all das Jammern - an die Alternative mag ich nicht denken.

Bei KM 32 stehen dann überraschend mein Patenkind mit Zwillingsschwester und ihr Vater. Das motiviert dann nochmal. Ich weiß, in Buchholz kommt nochmal meine Frau und dann noch die Familie eines Freundes und der Markt wo immer tierisch was los ist. Hier sehe ich dann auch die 3h Truppe ca. 45 Sekunden vor mir. Und da mein Laufgefühl nicht besser wird, ist mir spätestens hier klar, dass für mich das Projekt 179 - also eine 2:59:xx für diesmal gestorben ist. Jetzt will ich das Kind wenigstens noch anständig nach Hause schaukeln.

KM 35 passiere ich bei 2:29:31 h und so langsam habe ich keine Lust mehr. Die Sonne scheint, es wurden weniger Zuschauer und ich denke tatsächlich darüber nach, mal ein paar Meter zu gehen - oder den Bus zu nehmen. Mein linker Oberschenkel tut so langsam mehr weh, als der Ischiasschmerz im rechten Bein - und der ist schon nicht gerade angenehm. Auch die Waden fühlen sich an wie die dicken Rheinkiesel. Den Hammermann habe ich nicht getroffen, es tat einfach nur scheiße weh und es läuft sich immer schwerer, die Kilometer dehnen sich im Raum-Zeit Kontinuum und ich will nur noch endlich ankommen. Auch einen Mythos Marathon kann ich nicht entdecken. Wieso ist ein Marathon so anders als die kürzeren Strecken? Anders ist, dass man die Renneinteilung vielleicht lieber gleichmäßig einteilen sollte, aber hinterher ist man immer schlauer. Es ist einfach nur ein schweinelanges Stück Straße. "Da lernst du dich und deinen Körper neu kennen!" - solche Sprüche hatte ich vorher gehört. Hey Leute - ich nenne das zu wenig Training. Auch ein 10er oder ein Halbmarathon tun verdammt weh, zwar nicht so lange, aber anders.

Die Kilometer ziehen sich. KM 40 passiere ich bei 2:52:17 h. Da hinten kommt der rote Lappen - noch ein ätzender Kilometer. Jau - ich bin ganz schön platt. Als ich vor dem Stadion ankomme, plappert der Sprecher: "Warum kommt im Moment keiner? Es ist eine Zeit die keiner will, so knapp über 3!" Dann erzählt er noch was von Pest und Cholera, aber ich fühle mich gold. Nicht nötig, dass der Sprecher mich tröstet, er tut es trotzdem. Dann noch eine einsame Runde im Stadion - da sind meine Groupies ja auch - und in 3:02:33 h jogge ich über die roten Matten. Das große Ziel knapp verpasst - aber auch wenn ich die WC-Zeit und Versorgunsstellenverluste abziehe, komme ich noch nicht unter 3 Stunden. Die ist definitiv noch nicht sicher drin. "Eine bessere Renneinteilung" - ja, dann wäre es kanpp geworden. Aber "vielleicht" und "wäre" zählen nicht. Ich bin trotzdem zufrieden. Nochmal? So schnell nicht!


Organisation - Veranstalter - Kritik
Veranstalter: Lauf-Club Duisburg e. V. - 23. Rhein-Ruhr-Marathon Duisburg
Aus meiner persönlichen Sicht war der 23. Rhein-Ruhr-Marathon in Duisburg auch organisatorisch gelungen. Zwei kleine Kritikpunkte: Die Nummerierung der Versorgungstische war für mich nicht sichtbar. Einmal sah ich einen handgeschriebenen Zettel, der allerdings so im Wind flatterte, dass die Nummer nicht zu lesen war - da das aber VS1 war, hatte ich (noch) kein Problem mit dem Zählen. Die Versorgungstische sind häufig nicht frei zugänglich. Gutmeinende Helfer stehen weit davor und versperren den Zugang.
Für 42,195 km sehe ich eigentich noch ganz frisch aus.
3:58
4:05
4:11
4:04
4:07
5 km
20:25
4:22
4:05
4:08
4:14
4:13
   
10 km
41:27
21:02
4:21
4:02
4:16
4:09
4:10
 
15 km
1:02:25
20:58
4:16
4:18
4:16
4:05
4:12
20 km
1:23:32
21:07
4:09
4:08
4:07
4:31
4:10
HM
1:28:06
Pipipause 0:22
21:05
25 km
1:44:37
     
4:22
4:16
4:21
5:30
4:20
30 km
2:07:26
 
Dixi-Klo 1:10
22:49
4:32
4:23
4:26
4:24
4:31
35 km
2:29:31
   
22:05
4:29
4:27
4:30
4:38
4:42
40 km
2:52:17
   
22:46
4:49
4:40
0:51
   
42,195
3:02:33
     
         
 
Startnervosität - ein wenig tanzen, zuppeln hier, zuppeln da ...
Halbmarathon unter der Homberger Rheinbrücke. Mit den beiden Läufern laufe ich über ca. 10 km gemeinsam. Dann muss ich eine Pinkelpause einlegen.
Mein Chefgroupie - zeigte viel Geduld in der Vorbereitung, fahrerisches Geschick beim Ansteuern von KM 16, 21, 28 und 33, schaffte es auch noch Fotos zu schießen und mich mit Getränken, Naschwerk und guten Wünschen zu versorgen.
Duisburg Hochfeld - wenige Minuten später lerne ich eines der Dixi-Klos kennen.
Vorne die 3h-Truppe, ich hinten links ca. 45 Sekunden dahinter.
Hier kurz vor Kilometer 33 in Buchholz wurde mir langsam klar, sub3 ist kaum noch zu schaffen und ehrlich gesagt, wird es einem dann auch recht schnell egal. Der junge Kerl mit der 262 hat es noch geschafft.

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